Wie kann ich mich von früheren Verletzungen erholen, um mich wieder öffnen zu können?

Frage:

Ich bin seit einiger Zeit verheiratet, eigentlich glücklich und verstehe mich mit meinem Partner wirklich gut. Leider merke ich aber im Bereich der Sexualität, wie sich meine Erfahrungen aus der Vergangenheit negativ auswirken, mich irgendwie einholen und ich mich nicht ganz öffnen kann. Was kann ich da tun? Muss/Soll ich das alleine bewältigen oder soll ich meinem Partner davon erzählen?

Antwort:

– In der Ehe sind Sie nicht allein. Und Konflikte, die Sie in Bezug auf Ihre eigene Sexualität haben, sollten Sie nicht allein tragen müssen. Daher sprechen Sie mit ihrem Partner. Wenn Sie zu lange warten, dann kann dies zur Frustration bei Ihrem Partner führen oder zu Verletzungen, die das eheliche Leben lange beeinflussen.

– Bevor Sie aber mit ihrem Partner sprechen, bereiten Sie sich gut auf das Gespräch vor. Denn ein solches Gespräch ist nicht einfach und Worte fallen dann oft schwer.

– Was kann eine solche Vorbereitung umfassen: Fragen Sie sich zunächst, was ist eigentlich in der Vergangenheit passiert? Es ist wichtig, dass Sie hinschauen auf das, was Sie verletzt hat. Dann schauen Sie auf das Stichwort, das im Mittelpunkt Ihrer Frage auftaucht: Öffnen! Ich kann mich nicht öffnen. Was aber heißt das? Heißt das, Sie können nicht sagen was Sie wollen oder nicht? Oder Sie können sich nicht fallen lassen? Oder Sie haben Angst, dass der Partner etwas tut, das Ihnen weh tun kann oder Sie überwältigt? Es ist wichtig, dass Sie hier genau hinschauen. Denn mit dem Wort „öffnen“ zeigen Sie an, dass zwischen Ihnen und Ihrem Partner etwas passiert, das die Beziehung unfrei macht.

– Was könnte man entdecken, wenn man hier genauer hinschaut? Manche Menschen entdecken einfach ein Schuldgefühl, etwa: „Ich habe meinem Partner nie etwas von meiner Vergangenheit erzählt und fühle mich schlecht oder denke, dass ich eine solche Liebe gar nicht verdient habe.“ – Andere Menschen entdecken: „Ich kann dem anderen nicht vertrauen und habe den Wunsch die sexuelle Gemeinschaft eher zu kontrollieren“. – Dann kann sein, dass es für Sie schlicht körperlich unangenehm ist. Das kann das Streicheln und die Zärtlichkeit umfassen oder den Geschlechtsakt selbst. – Sie merken: Was uns von der Offenheit abhält, kann verschieden tief liegen.

– Was aber hilft am Ende: Am Ende hilft letztlich nur die Kommunikation. Sprechen Sie mit Ihrem Partner, nicht über Ihre Vergangenheit, sondern über Ihre Angst, sich nicht öffnen zu können. Meist ist der Partner froh, wenn Sie das Thema ansprechen, denn er ja längst gemerkt, dass etwas nicht stimmt. – Dann begeben Sie sich auf einen gemeinsamen Weg. Zunächst empfiehlt es sich, den Weg lösungsorientiert zu gestalten. Lösungsorientiert heißt: Gestalten Sie die Sexualität in Absprache mit ihrem Partner bis zu dem Punkt, wo es Ihnen leicht fällt, sich zu öffnen. – Vielleicht fällt es Ihnen leicht, wenn Sie von Ihrem Partner gehalten werden. Vielleicht fällt es Ihnen nur im angezogenen Zustand leicht. Vielleicht fallen Ihnen Berührungen leicht, aber nicht im Bereich des Genitals. – Es ist wichtig, dass sie bei der Annäherung ganz genau in sich hineinhören!

– Wenn sie bei diesem Weg dann schon spüren, dass weitere Hindernisse auftauchen, dass etwas in Ihnen zugeht, erstarrt oder Verwirrung entsteht, suchen sie einen Therapeuten auf. Nicht aber allein, immer gemeinsam mit Ihrem Ehepartner. Denn die eheliche Sexualität ist Ihre gemeinsame Form der Liebeskommunikation.

Markus Hoffmann

AUTOR DES TEXTES:

Markus Hoffmann

verheiratet, Vater von 3 Kindern

Studienleiter LBI:

  • Entwicklungssensible Sexualpädagogik ESSP®
  • Entwicklungspsychologe
  • Sexualberater
2024-02-15T12:44:30+01:00
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