Umgang mit Verwundungen

Wieso klappt es nicht, dass Menschen untereinander Frieden halten, obwohl laut Umfragen alle Frieden wollen? Im Großen wie im Kleinen passieren auf der Welt furchtbare, schockierende Dinge. Du hast vermutlich auch Erfahrung damit, dass jemand gemobbt wird, ausgespottet, verprügelt oder gar ignoriert wird. Auch Kinder und Jugendliche können grausam sein. Wie soll man damit umgehen?

Jesus, der selbst Schlimmstes erlebt hat, weist nach seiner Auferstehung einen Weg. Als er seinen Jüngern erschien, waren seine ersten Worte: „Friede sei mit euch!“. Das ist bemerkenswert. Warum? Weil seine Jünger sich alle miteinander nicht gerade durch Mut und Treue ausgezeichnet hatten. Sie waren geflohen, hatten sich versteckt, ihn sogar verleugnet. – Und Jesus zeigt ihnen seine Wunden!

Was kann das für uns bedeuten?

Jesus verdrängt die bittere Vergangenheit nicht. Er zeigt seine Wunden und sagt nicht: „War ja gar nicht so schlimm.“ Nein, es war schlimm, und er trägt sogar noch als Auferstandener die Wundmale. Sie gehören zu seiner Lebensgeschichte, die nicht rückgängig zu machen ist. Für Menschen, die Schlimmes erlebt haben, ist es zunächst wichtig, ihre Wunden zeigen zu können. Das geht nur dort, wo es Vertrauen gibt. Deshalb ist das Zuhören für Leidende so wichtig. Manchmal ist das Einzige, was man für sie tun kann das Zuhören! Oft weiß ich selbst auch keine Antwort auf die Frage, warum Schlimmes geschehen ist oder Gott so etwas zulässt. Dann sage ich nichts und höre vor allem zu.

Manche Menschen leiden auch unter sich selbst: Warum sie so sind und nicht anders, manche vergleichen sich ständig mit anderen. Manche werfen sich ihre eigene vergangene Schuld vor. Jesus sagt solchen: „Friede sei mit dir!“ Damit sagt Jesus: „Du, ich verurteile dich als Person nicht. Du, ich sehe in deinem Herzen etwas Gutes! Du, ich möchte mit dir zu tun haben.“

So weist der auferstandene Jesus Wege zum Frieden in der großen Welt und auch in der Schulklasse: Wunden, Verletzungen, Kränkungen nicht verdrängen, sondern aufdecken und zeigen („Hör auf! Das will ich nicht. Du hast mich verletzt.“), und zugleich wissen, dass ich von Gott geliebt bin und jeder andere Mensch auch!

Quelle: YOU!Magazin, Mai/Juni 2022, S. 51 | Text: +Jugendbischof Stephan Turnovszky
2024-02-15T12:45:31+01:00
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