Schwanger mit behindertem Kind

Frage:

Hallo! Ich habe erfahren, dass mein ungeborenes Kind Down Syndrom hat. Ich bin sprachlos. Ich möchte das Kind nicht abtreiben, aber ich bin unsicher, ob ich der Aufgabe gewachsen sein werde. Was kommt da auf mich zu?

Antwort:

Wie schön, dass du dich für dein Kind entschieden hast, egal wie es drauf ist! Down Syndrom ist keine Krankheit, sondern nur eine genetische Abnormität. Down Syndrom hat viele Stufen und es gibt sogar Kinder, die normale Schulen und später sogar Universitäten besuchen.

Vielleicht hilft dir das folgende Zeugnis einer Mutter:

„Mein jüngstes Kind hat Down Syndrom (DS) und ist inzwischen 7 Jahre alt. Er ist unser Sonnenschein! Und wir können uns ihn aus unserer Familie nicht mehr wegdenken. Wenn doch nur alle wüssten, die sich gegen ein Down Syndrom Kind entscheiden, wie wunderbar es ist, so ein Kind zu haben! Jedes Kind ist ein Geschenk, aber so ein Kind ist ein Geschenk der ganz besonderen Art!

Was kommt auf einen zu?

Ich hatte in meiner Schwangerschaft nicht die geringste Ahnung. Obwohl ich schon über 40 war, hatte ich nicht damit gerechnet, ein DS Kind zu bekommen. Die Geburt verlief schnell und komplikationslos. Der Arzt sagte mir dann, dass die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass das Kind DS hat. Ich war eigentlich nicht geschockt, ich wollte nur wissen: Geht es ihm gut?

Bis auf ein kleines Loch im Herzen, das später zugewachsen ist, war Josef ziemlich gut drauf. Er war ein wenig zu früh und wir mussten beobachten, ob er genug Sauerstoff bekam….

Unser Kleiner war schnell der Liebling aller und bis heute ist er das Nesthäkchen. Aber er geht in den Kindergarten wie die anderen Kinder auch. Er kommt in seiner Gruppe gut zurecht. Alle lieben ihn auch dort.

Einige der vielen Vorteile, wenn man es materiell aufrechnen möchte, sind:

Down Syndrom Kinder sind generell meistens gut drauf. So etwas wie Trotzphasen gibt es eigentlich nicht. Zumindest bei unserem Kind ist das so.

Wenn man ein DS Kind hat, hat man Anspruch auf sehr vieles (zumindest in dem Bundesland, wo wir wohnten, als er klein war):

  1. eine Familienassistentin, die mit ihm 1x in der Woche (oder bei Bedarf mehr), einen Vormittag oder Nachmittag verbringt und spazieren geht oder sonst irgendwie die Freizeit verbringt. Diese Stützkraft war mir am Anfang nach der Geburt besonders wertvoll, da ich noch 5 weitere kleinere Kinder hatte. Sie war nicht selten Babysitterin für alle (ohne dass wir sie bezahlen mussten – das übernahm das Land).
  2. eine Frühförderin: Einmal in der Woche kam seit der Babyzeit eine weitere Person ins Haus, um ihn in seiner Motorik und seiner Sprachentwicklung zu fördern (hierzulande bis zum Kindergarteneintritt, in anderen Bundesländern bis zum Schuleintritt).
  3. Nach der Geburt hatten wir Anspruch auf eine mobile Krankenschwester, die, so lange es nötig war, ins Haus kam.
  4. Wir haben Anspruch auf doppelte Familienbeihilfe.
  5. Durch seinen Behindertenpass bekamen wir ein Schild fürs Auto, um auf Behindertenparkplätzen parken zu dürfen. Auch auf Kurzparkzonen dürfen wir mit diesem Schild gratis parken.
  6. Wir bekommen jährlich eine gratis Autobahnvignette.
  7. Wir haben Anspruch auf monatliches Pflegegeld (da unser Sohn mit 7 noch nicht windelfrei ist, hat sich dieses sogar erhöht).

Das sind einige der messbaren Vorteile. Unmessbar sind die vielen schönen Stunden mit unserem DS-Kind und auch die vielen Lehrstunden für seine Geschwister: dass sie ihm Zeit schenken; dass sie lernen, mit einem Kind mit Behinderung umzugehen; dass wir alle lernen, dass ein Kind zu haben kein Wettlauf ist (wer ist der Schnellste, Schönste, Beste….), sondern ein Privileg. Jeder hat seine Tücken, jeder auch seine Qualitäten.

Eine Anmerkung zum Schluss: Diese Ungewissheit  (was kommt auf mich zu?) ist eigentlich bei allen Kindern gegeben. Auch wenn das Kind „normal“ auf die Welt kommt, weiß man nie, welche Schwierigkeiten später vielleicht auftreten. Durch einen Unfall kann ein ganz normales Kind zu einem „Pflegefall“ werden. Oder – nicht so krass – es wird vielleicht einmal enorme Schulschwierigkeiten haben…. Ein gewisses Risiko ist immer da, und wir können nicht immer alles im Voraus absichern oder planen. Aber hier hilft es, wenn man an Gott glaubt, der uns nicht die Schwierigkeiten nimmt, sondern und hilft, sie zu tragen und an ihnen zu reifen. Dieses Getragen-Sein von Gott war und ist immer mein größter Halt.

Und last but not least: Bewahre eine gewisse Coolness! Das hat mich eine nicht mehr so junge Bekannte gelehrt, als unser Jüngster geboren war und sie mich im Spital besucht hat. Wie bei allen Besuchen, die noch nicht gewusst haben, dass das Baby Down Syndrom hat, habe ich ihr gesagt, als sie ihn gesehen hat: „Weißt eh, er hat Down Syndrom.“ Darauf ihre Antwort: „Na und?“ Von diesem Moment an hab ich nach diesem Motto gelebt – „Na und?“. Er ist einfach so, wie er ist, und das ist gut so. Sehr gut sogar! Mein Mann sagt immer: „Er darf so sein, wie er ist: liebenswert und zuckersüß!“

In diesem Sinn freu dich auf diese Herausforderung und sei gespannt auf die vielen schönen Überraschungen, die dein Kind für dich bereithält.“

Text: Maria, seit 2006 verheiratet, 6 Kinder
2023-10-03T11:55:52+02:00
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