Frage:
Meine jetzige Freundin hatte drei Freunde vor mir. Sie hat da auch sehr viele sexuelle Erfahrungen gesammelt, obwohl sie schon gläubig war. Mein Wunsch war es immer, bis zur Ehe zu warten. Am Anfang dachte ich, dass es mir nichts ausmacht. Aber trotzdem fühle ich mich immer wieder sehr traurig und verletzt, wenn ich daran denke, dass sie mit anderen Männern schon so intim war. Was kann ich tun, damit das besser wird und ich damit in Frieden leben kann?
Antwort:
An deiner Frage kann man sehen, wie Gott dich im Leben schon begleitet hat und wie du entschieden mit ihm deinen Weg gehen und die Liebe nach seinem Plan leben möchtest. Du darfst echt dankbar dafür sein. Und so darfst du dir auch bewusst sein, dass Gott dir jetzt genau diese Freundin gegeben hat, die mit ihrer ganzen Person und ihrer Geschichte für dich der Weg ist, noch mehr zu Gott zu kommen. Vielleicht ist sie sogar die Person, die du einmal heiraten wirst. Aber auch wenn nicht, du darfst vertrauen, dass Gott alles in deinem Leben so geschehen lässt, dass es das Beste für dich ist. Wenn wir diesen Blick auf unser Leben sozusagen immer wieder einlernen, können wir mit einer großen Hoffnung die Dinge anschauen.
Weiters möchte ich dir auch sagen, dass deine Traurigkeit und dein Verletzt-Sein sein dürfen. Sich mit dem Leib jemandem ganz zu schenken, ist immer auch ein Versprechen, das man gibt. Und das ist in Wahrheit nur für eine Person gedacht. Sex ist eben nicht nur einfach Sex. Und das spürst du gerade in deiner Situation. Etwas war nicht ganz so, wie es hätte sein können. Deine Traurigkeit darf sein, d.h. du brauchst sie nicht einfach wegwischen. Aber sieh es vielleicht so, wie wenn jemand in der Vergangenheit z.B. einen schlimmen Unfall hatte. Die Narben sind da. Aber sie gehören zu deiner Freundin jetzt dazu. Und genau diese Narben können jetzt eine Chance für dich sein, sie dort noch viel mehr zu lieben. Jesus liebt uns auch genau dort, wo wir unsere Wunden haben. Im Epheserbrief sagt Paulus: „Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat (Eph 5,2).“ Nicht dass wir sagen, es ist eh alles cool oder egal – vielmehr wird es zur ganz besonderen Chance, wenn man merkt, dass die Liebe auch diese Situationen sozusagen „umarmt“. So etwas ist aber nicht etwas, was wir allein machen können oder müssen. Du kannst alles Gott hinhalten. Damit meine ich nicht nur die Tatsache, dass das bei deiner Freundin passiert ist, sondern genau dein Gefühl der Traurigkeit oder dein Verletzt-Sein kannst du Gott bringen. Halt es ihm sehr konkret hin und nimm Gott da mit hinein. Dann wird genau diese Situation zu einem wunderschönen und kraftvollen Gebet für deine Freundin und für eure Beziehung.
Das ist das Unglaubliche an unserem Glauben, nicht nur, dass Gott Fehler wegnimmt, sondern dass er Fehler dazu verwenden kann, um noch mehr Gnade daraus zu machen. Als Paar seid ihr von Gott dazu gedacht, dass ihr euch gegenseitig mehr zu Gott führt – und zwar so wie ihr seid, mit eurer ganzen Geschichte. Ihr geht jetzt euren ganz persönlichen Weg. Vielleicht bringt euch die Situation zum Beispiel dazu, noch mehr und bewusster miteinander über Sexualität zu reden und darüber zu lernen, wie Gott sich das gedacht hat. Gott hat niemals einen verurteilenden Blick auf uns. Vielmehr hat er einen unglaublich großen Plan mit uns, mit jedem einzelnen von euch beiden, und vielleicht sogar auch mit euch als Paar. Und von diesem seinen Blick dürfen und sollen, denke ich, auch wir immer lernen.

AUTOR DES TEXTES:
Michi Cech
seit 1998 Chefredakteur von YOU! Magazin, seit 2017 verheiratet und Vater zweier Kinder.