Endlich angstfrei

Yana ist 28 und wohnt mit ihren beiden Kindern im Vaterhaus in Fulda, das Frauen in schwierigen Lebenslagen eine Wohnmöglichkeit bietet. Yana erzählt Liebesfragen.online, was sie bewogen hat, ein neues Zuhause zu suchen:

„Mein Mann und ich waren 10 Jahre zusammen, ich habe ihn sehr geliebt. Das hat mich davon abgehalten, früher zu gehen. Ich habe zu lange gehofft, dass sich alles ändern würde, aber mit der Zeit wurde es nur noch schlimmer. Er betrachtete mich als seinen Besitz, als Ding, ohne Entscheidungsfreiheit. Wenn ich gesagt habe, dass ich mich gerne irgendwie verwirklichen, einen Beruf haben möchte, gab es ständig Streit. Mit der Zeit wurde mir klar, dass er Frauen allgemein nicht als Menschen betrachtete, und es war beängstigend, weil wir eine Tochter hatten. Da war mehr moralische Gewalt als Schläge, eher Manipulation z.B. mit meinen Gefühlen für ihn.. dann Drohungen… dann kam Alkohol hinzu, unter dessen Einfluss er völlig die Kontrolle über sich verlor. Das waren keine guten Szenen. Damals habe ich mich innerlich „tot“ gefühlt, konnte aber trotzdem nicht gehen. Irgendwann haben mich die ständigen Beleidigungen, Drohungen, die Kinder wegzunehmen, der Alkoholismus, die „toten“ Gefühle und die Angst um die Kinder dazu gebracht, einen Schritt zu tun und ich bin zu einem Anwalt gegangen, der mir geholfen hat, in ein Frauenhaus zu kommen. Ja, ich bin weggelaufen, als er nicht zuhause war, es war natürlich beängstigend, aber für mich gab es kein Zurück. Anfangs hatte ich im Frauenhaus immer noch Angst, weil er mich sehr bedroht, mich überall verfolgt hat. Ich fing an paranoid zu werden, aber die Polizei und die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses haben mir geholfen.

Normalerweise ist das Frauenhaus eine Übergangsmöglichkeit, aber man kann so lange bleiben, wie es nötig ist oder bis man eine Wohnung gefunden hat oder wenn man bereit ist, weitere Schritte alleine zu gehen. Das wird auch mit den Mitarbeitern des Frauenhauses besprochen. Außerdem helfen sie dort bei wirklich allem: mit den Papieren, mit den Kindern, mit dem Erlernen der Sprache (wenn nötig). Sie schützen dich, wenn dein Mann aggressiv ist. Da wirst du komplett unterstützt.

Fast 6 Monate lang war ich dann auf der Suche nach einer Wohnung, ich habe mehr als 10 Wohnungen angeschaut und überall nur Absagen bekommen. Natürlich gab’s auch Wohnungen, die mir nicht gefielen. Und kurz vor Silvester wurde mein Traum wahr: Ich habe das Richtige gefunden – eine Wohnung im Vaterhaus Fulda, und sie entspricht komplett meinen Erwartungen. Ich bin sehr dankbar, dass die Entscheidung auf uns gefallen ist. Damals dachte ich mir: ‚Endlich habe ich ein neues Zuhause für uns gefunden, hier werden wir glücklich!‘

Heute geht es mir ganz gut, trotz der Schwierigkeiten einer alleinerziehenden Mutter. Heute fühle ich mich frei, angstfrei. Ich lebe endlich mein Leben…. Was mir und natürlich auch meinen Kindern am meisten hilft, ist, dass sie nicht mehr sehen müssen, was sie dort gesehen haben. Hier lachen wir einfach ganz viel. Auch helfen mir die Frauen vom Frauenhaus, wir helfen uns gegenseitig. Ich habe dort viele Menschen kennengelernt, mit denen ich einfach mal reden kann, es gibt nichts, worüber wir nicht sprechen könnten.

Was meinen Mann betrifft, ist alles gut, er beruhigte sich, ich möchte glauben, dass er alles erkannt hat, denn das war auch kein Leben für ihn. Er hat mich als Person zerstört, aber es hat auch ihn ‚getötet‘. Wir kommunizieren nur über die Kinder, er sieht sie und ich hoffe, er versucht jetzt, ein guter Vater zu sein. Und manchmal tut es mir leid, dass alles so verlaufen ist. Die Liebe war jedoch echt für mich, ich habe für diese Familie gekämpft, wie ich nur konnte, habe es aber anscheinend nicht geschafft. Alles hat sein Ende. Aber jetzt bin ich froh, dass ich mich wieder wie ein Mensch fühle, auch wie eine Frau.

Ich bin am Anfang des nächsten Kapitels meines Lebens. Was ich anderen Frauen in einer ähnlichen Situation raten würde:

Habt keine Angst, wegzugehen, wenn‘s nötig ist.
Ihr seid nicht alleine. Es gibt Menschen, die euch helfen können und zwar voll und ganz.

Ihr Frauen seid stark, mehr als ihr denkt!“