Warum NER – die Natürliche Empfängnisregelung – nicht einfach eine Verhütungsmethode ist, sondern viel mehr.
Verhütung ist ein sehr häufig angesprochenes Thema. Es kommt einem so vor, als wäre eine moderne Welt ohne Verhütungsmittel nicht mehr denkbar. Jeder tut es, oder? Immer wieder erzählen Frauen auf Social Media über ihre Erfahrungen mit der Pille oder anderen Verhütungsmitteln.
Ich habe das Gefühl, lange Zeit wurde die Pille als Freikarte für Frauen und Paare angesehen, ihre Sexualität ohne Eingrenzungen auszuleben, das heißt, ohne Kinder zu bekommen. Interessanterweise zeigt sich jetzt, dass der Trend der Pille zurück geht. Auf YouTube sprechen dutzende Influencer darüber, warum sie nach jahrelanger Einnahme der Pille die negativen Nebeneffekte nicht mehr tragen wollen und stattdessen auf alternative Methoden der Familienplanung zurückgreifen. Für uns Katholiken, die wir künstliche Methoden ja prinzipiell nicht gut finden, ist dieser Trend nichts Neues und die bekannte Methode der Natürlichen Empfängnisregelung, die sympto-thermale Methode nach Rötzer, ist bei uns schon weit verbreitet. Auch wenn sich die Frage nach dem Kinderkriegen für uns im Grunde erst nach der Hochzeit stellt, weil wir mit Sex bis zur Ehe warten wollen, macht es Sinn, sich schon jetzt mit NER auseinanderzusetzen. Nicht nur, damit man sich dann einmal auskennt, sondern weil man seinen Körper als Frau und die eigene Sexualität auf besondere Weise neu kennenlernt. Rosa Büchsenmeister ist 24, Medizintechnikstudentin und zertifizierte Kursleiterin für NER. Ich habe mich mit ihr getroffen und mit ihr über NER und den Unterschied zu künstlicher Verhütung gesprochen.
Was ist der Vorteil von NER? Was macht sie so besonders?
Rosa Büchsenmeister: NER ist völlig natürlich. Man verwendet keine chemischen Mittel, um die Fruchtbarkeit zu beeinflussen und ist ganz man selbst. Die Fruchtbarkeit wird nicht als etwas Negatives angesehen, das man bekämpfen muss, sondern etwas Positives, das ein Teil von mir ist.
Wie gehen wir in unserer Gesellschaft mit dem Thema Fruchtbarkeit um?
Rosa Büchsenmeister: Ich finde, dass die Fruchtbarkeit in gewisser Weise als etwas gesehen wird, das man unterdrücken muss, weil sie die Sexualität komplizierter macht. Es ist sozusagen ein „unerwünschter Side-Effekt“, dass man schwanger werden kann. Also sieht man die Fruchtbarkeit als ein Hindernis, obwohl sie ein wichtiger Teil von uns ist, den man nicht einfach ausschalten kann, ohne dass es irgendwelche Folgen gibt.
Was ist der Unterschied zur „normalen“ Verhütung?
Rosa Büchsenmeister: Die NER ist eine natürliche Empfängnisregelung, keine Empfängnisverhütung. Beim Verhüten wird etwas verhindert bzw. gestoppt. Beim Regeln nimmt man die gegebenen Umstände, wie sie sind, und handelt je nach Situation danach. Bei der Verhütung wird die Fruchtbarkeit unterdrückt, indem meistens der Körper der Frau hormonell manipuliert wird. Bei der natürlichen Empfängnisregelung werden der Körper von Mann und Frau in ihrer Natur akzeptiert. Gleichzeitig wird das Wissen um diese Natur genützt, um verantwortungsvoll mit der Fruchtbarkeit umzugehen. So kann man eine Schwangerschaft vermeiden, wenn Gründe dafür vorliegen. Das macht man, indem man in den fruchtbaren Tagen nicht miteinander schläft. Das ist der große Unterschied zur Verhütung. Bei NER verzichtet man eben aus Liebe auf Sex. Und das ist keine künstliche Beeinflussung des Körpers.
Wie läuft NER praktisch ab? Wie sicher ist es?
Rosa Büchsenmeister: Man misst jeden Morgen die Aufwachtemperatur und schaut immer, wenn man aufs WC geht, ob man den sogenannten Zervixschleim am Scheidenausgang beobachten kann. Diese Informationen werden in eine Tabelle eingetragen und nach ganz bestimmten Regeln ausgewertet. Dadurch kann man sehen, an welchen Tagen im Monat man schwanger werden kann und an welchen nicht. Wenn man diese Methode anwenden will, sollte man einen Kurs dazu machen, um sie ausführlich zu erlernen. Hat man das einmal gelernt hat, ist es wirklich sehr einfach, die NER anzuwenden. Der Zeitaufwand beträgt maximal 10 Minuten am Tag. Die NER ist sehr sicher. Die Sicherheit hängt davon ab, wo im Zyklus man gerade ist. Es gibt eine Zeit in jedem Zyklus, wo man wirklich 100%ig nicht schwanger werden kann. So sicher ist keine Verhütungsmethode. In einer anderen Zyklusphase liegt die Sicherheit bei 99,8% (Pearl-Index 0,2). Das entspricht der Sicherheit der wirksamsten Verhütungsmittel, wie der Pille oder der Spirale.
Wie geht man die Sache als Paar an?
Rosa Büchsenmeister: NER ist, im Gegensatz zu den klassischen Verhütungsmitteln, eine partnerschaftliche Methode. Es ist nicht die Frau, die sich jeden Tag die Pille hineinschmeißt, sondern man kann als Paar den Zyklus gemeinsam beobachten und auswerten. Für den Mann kann es auch sehr hilfreich sein, weil er immer weiß, wo seine Frau gerade im Zyklus steht. Dann kann er so Sachen wie Stimmungsschwankungen richtig einordnen. Und vor allem: Die enthaltsame Zeit lebt man gemeinsam. Da müssen beide ganz die Verantwortung übernehmen und gemeinsam aufs eheliche Einswerden verzichten. Oder eben gemeinsam entscheiden, dass sie offen für ein Kind sind.
Warum spricht sich die Kirche für NER aus und ist gleichzeitig gegen künstliche Verhütung?
Rosa Büchsenmeister: Das Problem an künstlicher Verhütung ist, dass man damit die natürliche Biologie von Mann und Frau, die Gottes Schöpfung ist, ablehnt. Man sagt, so wie wir geschaffen sind, ist es nicht gut, es passt uns nicht und deshalb manipulieren wir unsere Fruchtbarkeit. Die NER hingegen geht mit der Natur des Menschen. Gott hat uns aber auch einen Verstand gegeben, mit dem wir die fruchtbare und unfruchtbare Zeit herausfinden und danach handeln können.
Was sind die positiven Effekte, die NER auf Paare haben kann?
Rosa Büchsenmeister: Es gibt Studien, die zeigen, dass bei Paaren, die die NER leben, die Scheidungsrate sinkt. Viele dieser Paare sagen, dass sich die NER positiv auf ihre Beziehung auswirkt, weil sie sich mit diesem Thema intensiver beschäftigen und dadurch in einen guten Austausch über intime Fragen kommen. Weil man durch die fruchtbaren Tage nicht immer für Sex verfügbar ist, baut sich immer wieder eine neue, positive Spannung und Vorfreude zwischen dem Paar auf. Ich habe schon von vielen Paaren gehört, dass die enthaltsame Zeit zwar schwer sein kann, sie diese aber als nichts Negatives empfinden. Im Gegenteil, es ist für sie eine Möglichkeit, in der Beziehung zu wachsen, die Liebe zueinander auf andere Art und Weise auszudrücken und neue Formen der Zärtlichkeit zu finden.
NER Facts:
- NER ist eine Methode, die der österreichischen Arzt Dr. Josef Rötzer mit seiner Frau Margareta 1951 als erstes entwickelt hat.
- Mithilfe von Körpertemperaturmessung und Beobachtung von anderen körperlichen Zeichen (Zervixschleim) lassen sich die fruchtbaren und die unfruchtbaren Tage im Zyklus der Frau bestimmen.
- Die Frau ist nicht immer fruchtbar, und dieses Wissen um die Fruchtbarkeit kann man anwenden, um eine Schwangerschaft zu vermeiden oder eine Schwangerschaft anzustreben.
- Das Institut für Natürliche Empfängnisregelung (www.iner.org) hat tausende Zyklen ausgewertet, um die Methode zu entwickeln. Die Sicherheit ist so hoch und sogar höher wie bei den wirksamsten Verhütungsmitteln.
- Die NER ist 100% hormonfrei und ohne Nebenwirkungen.
- Die Anwendung der NER führt zu einer positiven Einstellung zum eigenen Körper und zu einem bewussteren Erleben des Frauseins und Mannseins.
Natürliche Empfängnisregelung (NER) – Beratungsstellen:
https://iner.org/de/erlernen/beratungen/oesterreich.html
NER auf Instragram: @natuerlichlieben